Harald Brörken_Horizont 2018

 

Für Petra Schwingenheuer und Bernhard Loer
und ganz besonders Harald Brörken; als Freund!

 


Ich rede als Künstlerin und Freundin:

 

Horizont

 

Harald Brörken

 

Da. Dort. An der Böschung. Hier. Genau hier! Hier zwischen den alten Eichen. Im kleinen Eichenwald. Genau hier!

So hat er sich das gedacht und erdacht. Vor langer Zeit. An den Hang geschmiegt. Den Blick die Böschung hinunter.

Hier ist es gut so. Da ist er, Harald Brörken, genau.

Im Rücken das alte Heiligenhäuschen: Voller Geschichte. Besetzt. Beladen. Beraubt. Die Tür steht auf. Leere. Man glaubt es kaum!

Doch hier. Genau hier. Hier ist der Ort. Da sei er! Genau hier, wo sich die Schichten, die Gesteinsschichten, die Geschichten kreuzen. Untereinander Schieben. Verschieben. Haben Sie es schon erspürt? Sich sensibilisiert für diesen Ort? Wir können dies. Welche Kraft, welche Wucht. Langsam. Kreide und Karbon. Sandstein und Schiefer! Gesteinsschichten. Eine Schnittstelle.

Hier wird sie nun bewusst. Dafür hat er gesorgt, das ist ihm ein Anliegen.

Die Fülle ist nach vorne getreten! Das Objekt „Horizont“ steht nun dort_hier. Es bezeichnet den Ort. Ein Verweis. Landschaft zeichnet sich so in einem ästhetischen Empfinden ab, wird sichtbar durch die Benennung der Stelle. Wahrnehmbar. Es kultiviert sich ein Ort. Es tut sich etwas auf! Vorher nicht da. Nun eine Beschäftigung mit ihm möglich. Das
zu-Grunde-liegende schlägt sich in der Materialität nieder.

 

Die horizontale Rampe an der Böschung, am Hang mit Aussicht, von hölzernen Stelen auf Steinsockeln getragen, die den Durchblick zulassen. Alles wirkt klar und zeugt von bedachtem, durchdachtem handwerklichem Geschick. Begründet. Gesammelte Lösungen und Erfahrungen aus langen Zeiten. Da ist er genau, Harald Brörken. Konzentriert in einem ästhetischen Verständnis, einem Verstehen. Und stellt dies uns dar!

 

Darauf, auf der Rampe, eine Art Schrein, eine Behausung mit Dach aus Steinplatten. Ganz pur und notwendig. Nur das Notwendigste. Aber üppig. Alles hölzern und steinern und praktisch.

 


Das Oben und Unten.
Diese Form auf den Stelen, auf der Rampe, sie beheimatet das scheinbar Kostbare. Ganz einfach.

 


Eine hölzerne Tür, welche sich dem Blick, der Weite, dem Tal, der Welt öffnen kann. Spannend, dieser Moment. Dieses Können.

Wem öffnet sich die Tür? Wer darf dies? Ein Spiel mit dem Ahnen, mit dem Vagen, mit dem Nicht-wissen. Mit der Geduld.

 

In einer überhöhenden Handlung, im Ritus, im Zelebrieren, da darf es geschehen. Archaisch anmutend. Ästhetisch in der Ausführung. Wohl komponiert. Bedacht.

 


Ganz besonders -in der Tradition- der einen vorbehalten und derer die sie bestimmt. Der Mensch darf im Tun, in der Interaktion ein Teil dessen sein, was sich dem Thema Mensch und Landschaft widmet und in dieser Architektur einen Ausdruck gefunden hat.

Das Regelwerk besagt folgendes: wenn es regnet darf, der sich in der Behausung, im Innen, befindliche Wagen, auf der sich eine Schale aus Stein befindet am Tau von vorne nach außen unter den freien Himmel gezogen werden. Ausfahren. Sich präsentieren.

Die Schale aus Stein auf dem Wagen von Holz. Dort soll sie voll regnen. Warten. Im Regen? Es regnet. Sodann, in Fülle wird sie von Hinten wieder in die sichere Behausung gezogen.
Die Türe wird geschlossen und der Regen darf geschützt verdunsten. Leere und Fülle. Fülle und Leere. Das Augenmerk auf den Regen. Auf das Nass, auf das Wasser. Auch darunter. Vor. Hinter. Raus und hinein. Am Horizont der Wald, der See. Eine Aussicht. Können Sie sich das vorstellen? Spüren sie nach. Der Spur.

Ein Ort wurde erschaffen. Eine kulturelle Handlung dazu erdacht. Eine Bedeutung für etwas geschaffen; etwas sichtbar machen, was scheinbar nur scheinbar ist.

Und nun zum Ende hin möchte ich aber auf das Humorvolle im Werk von Harald Brörken hinweisen. Mit welch feister Sicherheit er uns ganz listig in sein Gespinst mit einwebt.
Meint, dass da etwas wäre. Ganz zauberhaft tut er es. Mit dem Verweis auf das Alte, mit dem festen Glauben daran. Da lässt er dieses neue Gebäude, dieses Objekt nach vorne stolpern. Lässt das Alte „mirnichtsdirnichts“ dahinter liegen und präsentiert sich ganz fein.

 

Horizont“ huldigt dem Regen, sach bloß!

 

 

 

Rebekka Schulte

 

April 2018

 

Debora Kim, Solveigh Krüger  Hülle und Fülle-Textile Objekte 2017

Rebekka Schulte

 

Zur Ausstellung von Debora Kim und Solveigh Krüger im Kunstverein Lippstadt 2017

 

Haben Sie sich heute Morgen schon einen zurecht gesponnen? Oder gedacht Ihr Gegenüber ist recht einfach gestrickt? Waren Sie vielleicht online und haben an ihrem sozialen Netzwerk gewoben?

Eine Ausstellung mit Frauenkram...gut so! Dem Mythos nach liegt der Ursprung menschlicher Schöpferkraft in der stolzen Webkunst der Arachne, die ihr Handwerk so gut beherrschte, dass die neidische Göttin Athene sie in eine Spinne verwandelte (Kunst & Textil, Kunstmuseum Wolfsburg 2014).

 

Solveigh Krüger

rund und herum und herum und rund, kreuz und quer und quer und kreuz, und so fort und so weiter,und so weiter und so fort, hinein und heraus und heraus und hinein, drin und drum und drum und drin, ruck und zuck und zuck und ruck, rein und raus und raus und rein, rauf und runter und runter und rauf I, II, III, vor und zurück und zurück und vor, auf und ab und ab und auf, hin und her und her und hin, um die Kurve und um die Ecke und um die Ecke und um die Kurve, links und rechts und rechts und links

 

Jedes ihrer Objekte ist von Dauer. Mühe, Fleiß und Zeit zeigen sich Vielfältig. Haptisch wirkend wurde die Zeit ausgekostet. Liegt so gar nicht im Trend.
Da wurde gestrickt, gehäkelt, gefilzt, gesponnen, geknüpft, gefranst und gewickelt. Liebevoll. Ganz im Tun versunken und im Element. So entstehen Gewirke, Objekte und Geflechte neu.
Der Betrachter kann mit den Augen die Kostbarkeit und die Sinnlichkeit des Materials begreifen und wird in der kollektiven Erinnerung berührt.
Ihre Filzarbeiten ein archaisch anmutender Verweis auf das Ursprüngliche. Sich den Anfängen widmend. Loses Sammeln und verdichten. Das ist Filzen. Von der Wolle am Schaf bis hin zum wärmespendenden, wasserabweisenden Filz. Dazwischen alle notwendigen Arbeitsschritte. Kein hopplahopp. Beuys hat die zugeschriebenen Eigenschaften des Filz sehr eindrücklich und nachvollziehbar in seinen Werken eingesetzt. Ebenso Krüger.

Krügers Materialien sind alt. Pardon: Sie auch, obwohl jung an Jahren.
Schon gewesen. Gefunden. Schon gebraucht oder an anderer Stelle erschienen. In einem anderen Kontext, im klassischen.
Die geschenkte Gardine der Großmutter wird in einen neuen Kontext, als den ursprünglich gemeinten, gesetzt. Eine neue Form, eine neue Geschichte. Umdeutung findet statt. So ist es mit der Erinnerung und dem erinnern. Das ist eine subjektive Geschichte.

 

Wertschätzung bringt Krüger den alten Materialien und Kulturtechniken entgegen. Den Resten; dem, was noch bleibt und ist und sie scheint es für mehr als einen Moment zu konservieren. Existenzielle Themen des Lebens werden offenbar.
Weiß, und anderes Weiß. Linie. Die mit eigener Dynamik in den Raum wagt. Leere. Leise. Feinsinnig und liebevoll. Was spielt sich denn da drinnen ab? Was ist dahinter? Krügers Arbeiten sind geprägt durch minimale Farbabgrenzung innerhalb von Gleichheit. Weiß und Weiß in Nuancen. Ein leises Durchbrechen. Durchweben. Ein kleiner Widerstand. Ein Widerspruch. Ein Augenmerk auf die Zwischenräume, auf die Struktur. Auf den Schatten, den es wirft.Hier und da, da stimmt doch was nicht. Die bewusst gewählte Vorgehensweise vielleicht eine Ironie auf Rollenzuschreibungen.


Alles Material wird zur neuen Form und wirft die Schatten neu. Das umwickelte Wabengefüge kann morgen schon in der Form eine andere sein; ein uns anders scheinendes Gebilde, es ist flexibel.

 

Deborah Kims Arbeiten heißen Körper

 

Kim tritt mit ihren Objekten ein klein wenig und dann doch noch etwas mehr in den Raum, die klassisch zugewiesene Funktion der Leinwand wird aufgelöst. Ein davor und dahinter und ein drumherum wird thematisiert. Die tradierte Malweise aufgegeben. Denken Sie an Lucio Fontana, der mit Schnitten die Leinwand durchdrang, um ein dahinter aufzutun.
Hungrig nach Farbe und weg von der klassischen Malerei wickelt sich Kim um den Körper herum und diese Körperlichkeit ist dem Betrachter nachvollziehbar. Sie expandiert in den Raum, ganz leicht fügt sich das Garn, ohne Widerstand.
Ruhig, konzentriert und kontemplativ, meditativ ist ihr Tun. Präsent ist ihr Werk. Zeremoniell hingebungsvoll umwickelte Körper machen, auch hier, Zeit und Körperlichkeit sichtbar.

 

So erobern sich Kims Arbeiten den Raum mit ihren festen, selbstgewählten Gesetzmäßigkeiten, die ein paar Varianten zulassen, doch jede Expressivität vermeiden. Die selbstbestimmte Regel leitet das konzeptionelle Tun und schließt Spontanität und subjektive Emotionalität scheinbar aus. Kim entscheidet sich auf eine stark reduzierte Formensprache und gegen jede spontane Geste und betont in ihren Arbeiten die Form und Materialität. Die Technik des Wickelns bleibt in ihren Arbeiten verlässlich gleich. Sich selbst reduzierend lässt sich Kim eben ausschließlich auf Farbe und Form ein.
Erinnern Sie sich an Vertreter der Minimal Art, wie Frank Stella oder Robert Morris, an die Farbigkeit aus dem „de Stijl“. Wohltuende Reduktion jenseits von allem Achtsamkeitshype.
Das Auge begibt sich nun selbst auf die Suche.
Kim wickelt sich leise in den Raum und steht dann da. Stellt sich einem in den Weg. Feine Strukturen in üppiger Farbigkeit entstehen, die mit den Mitteln der Malerei nicht möglich wären. Farbiges Baumwollgarn formal und farbig. Um Ecken und Kanten gewickelt. Faszinierende Lichtbrechungen entstehen an den Kanten. Herrliche hell/dunkel Momente. Flächen im Licht und Schatten.
Und leise humorvoll lehnen sich die Stelen an die Wand. Geben an mancher Stelle ganz zart verletzt den Untergrund frei. Da wachsen Kuben in unregelmäßiger Regelmäßigkeit aus dem Boden, das Werk scheint beweglich. Das gleiche Rot erscheint einem facettenreich mannigfaltig. Linkisch, denn den Stab meint man auch außerhalb des Gebäudes zu wähnen.

 

Die Weichheit des Garns, diese Eigenschaften stehen im Kontrast zu ihren kühlen klaren Objekten.

 

Beiden ist inne eine auf die Hände, auf das Tun, konzentrierte Tätigkeit.

Wir sehen eine kontrastreiche Ausstellung, die sich im Spannungsfeld zwischen Ordnung und Zufall, Spontanität und gelenkter Hingabe, Sicherheit und Unsicherheit, Unberechenbarkeit und Kontrolle bewegt. In einem Bunt und Unbunt. Wunderbar anzusehen, wie sich emotionale Zurückgenommenheit mit emotionaler Fülle nicht ausschließen....Sehen und erleben Sie selbst!

 

Rebekka Schulte 2017

 

 

Bettina Briesenick-Becker    anderswo 2017

 

Rebekka Schulte
Der Abfall, die Schatten, das Dazwischen und das Anderswo
zur Ausstellung anderswo von Bettina Briesenick-Becker

Weiße Bahnen und ebenso Leiber auf einem Ständer. Es scheint als habe man sich ihrer entledigt, über den Haufen geworfen. Stumm berichtend steht er da in allen Varianten von Weiß, in der Verdichtung der Schichten, ein Ständer voller Lappen und Fetzen, eindrucksvoll und erzählt von dem, was gewesen ist. Wenngleich eine farbliche Nähe besteht, setzt sich die erworbene Skulptur sensibel genau in ihrer Struktur von der Architektur des Raumes ab.

 

Roland Barthes (2015) schreibt, dass das Wesen einer Hose sicherlich nicht in dem gestärkten und geradlinigen Gegenstand auf den Kleiderbügeln in den Kaufhäusern zu suchen ist, sondern in dem Knäuel, was achtlos aus der Hand geworfen wird, wenn man sich erschöpft, träge und nachlässig entkleidet. Das Wesen eines Gegenstandes hat etwas mit seinem Abfall zu tun. Und so entspinnen sich die Wahrheiten und Geschichten aus dem, was übrig bleibt. Aus dem Gewirr und dem vagen Ahnen und Andeuten in ihren Haufen am Boden, über dem Ständer, in der Ecke. Und weiter mit Roland Barthes: „Nun schließt das Vage paradoxerweise alle Rätselhaftigkeit aus; das Vage passt nicht zum Tod; das Vage ist lebendig.“

 

Weiße Gewänder hängen in der Flucht. Verändern den Blick. Bestimmen den Gang. Strecken sich entgegen, bieten sich an. Je nach Standpunkt, eine anderes Sehen. Der Raum löst sich auf. Grenzen verschwimmen. Je nach Licht eine andere Wirkung. Mit der Zeit eine Veränderung im Material, es ist nicht abzuwenden. Dieser Prozess. Schattenwürfe, die den Raum erweitern, als Verweis auf den Dualismus des Lebens. Dazwischen das Sein, was sich entspinnt in nicht enden wollender facettenreicher Weiß- und Graufarbigkeit.

 

Bettina Briesenick-Becker arbeitet am Thema der Gleichzeitigkeit vom Feinen und Groben, von der Leichtigkeit und der Schwere, von Vergänglichkeit und dem was bleibt.
Hast du das gesehen? Hast du dich bewegt? Nichts ist sicher. Nichts bleibt wie es ist. Soviel ist schmerzhaft gewiss. Es dreht und wendet sich das Blatt. In einem Moment die Wahrnehmung eines Kleides: Haute Couture, eine Wahrnehmung, die sich im nächsten Moment bricht und sperrig zeigt. Da meint man das Rückgrat bricht.

 

Oder Adorno zufolge sei ein Kunstwerk nicht von der Ästhetik als hermeneutische Objekte zu begreifen; zu begreifen wäre, […], ihre Unbegreiflichkeit. […] Dies mache die ästhetische Erfahrung vom Objekt her aus, in dem Augenblick, in dem die Kunstwerke unter dem Blick des Betrachters lebendig werden. (vgl. Adorno 1973)

 

Als wäre es möglich sich seiner Leiblichkeit zu entledigen sind dort welche, wie in einer Art Kaue, unter die Decke gezogen worden. Zur Höhe hin, tänzelnd leicht und doch dramatisch, fast schmerzhaft. Nach einem harten Tag Arbeit, vielleicht. Ich spinne!
Als wäre es möglich, sich seine erste Haut abzustreifen, in der man steckt. Die zweite ist die Kleidung, das hatten wir eben noch. So hängen sie da, diese Leiber, leibhaftig; in dieser Flucht des Flures und streben nach oben und zur Seite, oder weg. Wo ist weg? Formen und Figuren, die in ihrer Hülle eine Fülle erahnen lassen, denn das dazwischen wird zum Thema. Die Lücke. Alles was wir sehen ist ein Verweis auf das, was wir nicht sehen.


Das Werk ist begehbar, ich kann mich ihm nähern und mir mittendrin das Dazwischen erschließen. Und dann entschwinden sie empor, in ein anderswo. Anderswo ist ganz klar überall dort, wo ich nicht bin. Ganz klar. Anderswo. Wo ist woanders? Das ist nicht wichtig.

 

Es geht also um das Dazwischen; um das, was wäre gewesen, um das Daneben, um das Ahnen und das Vage. Diese Zwischenräume. Transit. Wo etwas endet und noch nichts neues begonnen hat. Das Zweifeln und nicht wissen. Das zaudern und Hadern. Dem Wünschen und dem Sehnen und nie loslassen und enden wollen. Die Liebe und die Sehnsucht als treibender Motor. Romantik, nicht wahr?!
Niemand kann dieses dazwischen konkret benennen und doch wissen alle, dass es genau dies ist, was das Leben bestimmt, klar, oder? Man sagt, man habe etwas hinein verlegt, wenn von der Projektion gesprochen wird. Manchmal wiegt die Erinnerung bleischwer und scheint doch zu verblassen. Gespenstisch zeigt es sich im Raume. Anwesend ohne Anwesenheit. Die Erinnerung ist subjektiv und verändert sich, im Laufe der Jahre.

 

So ist es mit der Erinnerung. Und ist die Dauer der Aufbewahrung und des Sammelns nicht ein Verweis auf die Bedeutung und die Wertschätzung einer jener Begegnung?
Und so fädelt Bettina Briesenick-Becker die Erinnerungen aus dem perfekten Abfall, diesen Zufallstropfen, auf. Transformiert sie im Raum und spinnt Geschichte alt und neu, ein paar Tropfen, wie Tränen, bleiben hängen. Romantisch, nicht wahr? Wenn das Gesehnte doch Erfüllung bekommen würde, so wäre es: tot. Aber, dass es nie so kam, dass alles endlich ist, eine Ent-Täuschung. So leicht kommt es eben doch nicht daher, so weiß und rein.

 

Und als wir so sprachen über die Liebe, das Sehnen und die Kunst kamen wir auf:
Eine verliebte Ballade für ein Mädchen namens Yssabeau

von
François Villon 1431-1464 , aus: „Die lasterhaften Balladen des François Villon“
in einer Nachdichtung von Paul Zech

 

Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,
da blüht ein schöner Zeitvertreib
mit deinem Leib die lange Nacht.
Da will ich sein im tiefen Tal.
Dein Nachtgebet und auch dein Sterngemahl.
[…]

 

Im Wintertal, im schwarzen Beerenkraut,
da hat der Schnee sein Nest gebaut
und fragt nicht, wo die Liebe sei,
Und habe doch das rote Tier so tief
erfahren, als ich bei dir schlief.
Wär nur der Winter erst vorbei
und wieder grün der Wiesengrund!
...ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!

 

Und dann ganz untröstlich begegnen wir der eigenen Kreatur! Begegnen ihr von Angesicht zu Angesicht. Tröstlich.

Und Bettina sagt: Wir sehen uns selbst gerne fein, gut, transparent. Das Andere, das Fremde in mir, erscheint uns dunkel, wild und grob.